Besonders gefährdete Personen sollen in der Pandemie bestmöglich geschützt werden. Gleichzeitig will die Regierung die soziale Isolation und damit die Vereinsamung von Risikopersonen vermeiden. Ein Ampelsystem und eine neue Teststrategie sollen helfen, damit der Balanceakt gelingt. 

Den maximalen Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner zu gewährleisten, aber gleichzeitig die sozialen Kontakte so gut es geht aufrechtzuerhalten: Die Zielsetzung eines verantwortungsbewussten Umgangs mit den Menschen in Alten- und Pflegeheimen in der Corona-Krise sei völlig klar, betonte Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Dienstag im Parlament.

Für ihren Lösungsvorschlag bemühte sie die Redewendung der Quadratur des Kreises. « Ich fürchte, es gibt keine perfekte Lösung », sagte die Gesundheitsministerin. Zugeständnisse bei den sozialen Kontakten würden immer das Risiko für Infektionen erhöhen, eine Verschärfung der Schutzmaßnahmen jenes der sozialen Isolation. Dieses Abwägen bringe alle Betroffenen immer wieder in eine « unbehagliche » Situation, so Paulette Lenert.

Bestes Mittel sei auch hier, auf Prävention zu setzen. Zum einen betonte die Ministerin die Wichtigkeit der Hygieneregeln. Zum anderen sprach sie von der neuen, ab Mitte November anlaufenden Teststrategie, nach der alle Bewohner und Bewohnerinnen sowie das gesamte Personal der betroffenen Einrichtungen im Rahmen des « Large Scale Testing » regelmäßig getestet werden sollen. Hierfür seien mobile Testzentren entwickelt worden, die es ermöglichen, « ganze Einrichtungen vor Ort durchzutesten », sagt die Gesundheitsministerin.

Ampelsystem soll Besuchspraxis regeln

Zur Zeit wohnen 259 Personen mit einem positiven Corona-Test in einem Pflege- und Altersheim. Von den 52 Einrichtungen hätten somit im Moment mehr als die Hälfte mit Infektionen zu kämpfen. Diese aktuellen Zahlen nannte Familienministerin Corinne Cahen (DP) am Dienstag im Parlament. Seit Beginn der Krise hätten sich 846 Bewohnerinnen und Bewohner der Alten- und Pflegeheime infiziert, vom Personal seien seit März 696 Menschen positiv getestet worden (Stand: 17. November).

Corinne Cahen ging in ihrer Redezeit auch mehrmals auf das eingeführte Ampelsystem ein, wonach Besuche in den Pflegeeinrichtungen durch Maßnahmen in Phasen geregelt werden. Befindet sich eine Struktur auf Niveau 1 können Besuche normal ablaufen. Auf Niveau 2 sind Besuche weiterhin zugelassen, allerdings nicht in den Zimmern der Bewohner, sondern in dafür vorgesehenen Räumlichkeiten, wie etwa der Cafeteria oder Besucherräumen. Bei Niveau 3 hingegen werden nur noch Besuche per Voranmeldung akzeptiert. Befinde sich eine Struktur auf Niveau 4 sei der Besuch nur noch zur Sterbebegleitung zugelassen.

Im Moment befinden sich mit 26 der 52 die meisten der Strukturen in Phase drei, sechs der Einrichtungen in Phase eins, neun in Phase zwei und acht in Phase vier, erläuterte die Familienministerin. Drei der Strukturen funktionierten zur Zeit mit Mischformen, da unterschiedliche Regelungen für die einzelnen Gebäude gelten würden.

Opposition kritisiert mangelnde Aufklärung

Josée Lorsché (Déi Gréng) sprach sich in ihrer Rede für einen humaneren Umgang mit Senioren aus. « Die Szenen aus der ersten Welle dürfen sich nicht wiederholen », sagt die Parlamentarierin. Aus Vorsicht und Angst habe man damals die Bewohnerinnen und Bewohner von Pflege- und Altenheimen zu stark isoliert, viele hätten alleine sterben müssen, den Angehörigen sei das Abschiednehmen oft verweigert worden. « Solch ein Ansatz ist weder ethisch noch gesundheitlich vertretbar », sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Soziale Kontakte seien das wichtigste Mittel, um das Leben vor allem für alte und ältere Menschen lebenswert zu halten, sie im wahrsten Sinne des Wortes, « zu animieren », so Josée Lorsché weiter. « Durch Vereinsamung geben sich viele alte Menschen auf und gehen aus wie eine Kerze. » Selbstbestimmung müsse gerade am Ende des Lebensweges ein fundamentales Recht bleiben.

Auch Marc Baum (Déi Lénk), forderte, dass Selbstbestimmung das zentrale Wort im Diskurs über den Umgang mit Senioren in der Krise sein müsse. « Doch Selbstbestimmung setzt Aufklärung voraus. » Deshalb forderte er ein klar ausgearbeitetes Monitoring für die Alten- und Pflegeheime, um auf Zahlenmaterial und Statistiken zurückgreifen zu können. Zudem bemängelte der Oppositionsabgeordnete die oft unzureichende Transparenz in der Kommunikation der Regierung. Besonders bei der neuen Teststrategie fehle es an Informationen.

Marc Spautz, der stellvertretend für die CSV-Fraktion sprach, schätzte das Handeln der Regierung als zu zögerlich ein. Am 28. September habe die Regierung gemeinsam mit der COPAS, dem Dachverband der Pflegedienstleister in Luxemburg, die neuen Maßnahmen bereits festgelegt. Patientenrechte, besonders Besucherregelungen, sollten durch eine neue Teststrategie so gut es geht gewährleisten werden. « Doch warum beginnt die Teststrategie dann erst mehr als 15 Tage später? », fragt Marc Spautz. Dieses Unverständnis sei auch der Grund, warum die CSV-Fraktion die Aktualitätsdebatte beantragt habe. « Ich verstehe unter Prävention etwas anderes », so der CSV-Abgeordnete.


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