Journalismus soll nicht nur Aufmerksamkeit erregen, sondern im besten Fall mehr bewirken. In aller Bescheidenheit können wir sagen: Das ist uns im vergangenen Jahr mehrmals gelungen. Wir präsentieren den Rückblick auf die besten Stories, die im Juli auf Reporter.lu erschienen sind.
Im Juli war der politisch-mediale Komplex der Luxemburger Gesellschaft in heller Aufregung: Jean Asselborn war nicht mehr der beliebteste Politiker des Landes. Parteikollegin Paulette Lenert hatte « das Feld von hinten aufgerollt », wie das « Luxemburger Wort » über die neuesten Umfragewerte der Spitzenpolitiker schrieb.
Der LSAP-Newcomerin war das selbst zu diesem Zeitpunkt etwas ungeheuer. « Doch diese Popularität ist mit Vorsicht zu genießen, weil sich die Stimmung schnell ändern kann … », sagte sie im Interview mit REPORTER-Chefredakteur Christoph Bumb. „Es ist schon eine enorme Belastung“, lautete der Titel des ausführlichen Gesprächs, das zu den meistgelesenen Beiträgen des Jahres auf Reporter.lu gehört.
Für alle, die sich Paulette Lenert als Spitzenkandidatin der LSAP – und damit auch als mögliche Premierministerin – vorstellen können, enthielt das Interview aber auch einen Dämpfer: « Ich muss das irgendwann also erst einmal mit mir selber ausmachen, ob ich mich dauerhaft in diesem politischen Leben hier wiederfinden kann oder nicht. » Mehrmals betonte die Politik-Quereinsteigerin zudem, dass die Belastung des Pandemie-Managements schon sehr an die Substanz gehe.
Zudem wurde im Juli offensichtlich, dass Luxemburg eine zweite Welle erlebte. Die Gesundheitsministerin sah damals weder bei sich noch bei der Regierung wesentliche Versäumnisse. Außer, dass man vielleicht etwas alarmistischer hätte vorgehen können.
Keine Strategie, späte Reaktion
Dabei war die Reaktion der Regierung in den Sommermonaten alles andere als optimal. Im Beitrag « Unvorbereitet in die zweite Welle » beschrieben Pol Reuter und Laurent Schmit die immer offensichtlicher werdenden Widersprüche im Kampf gegen das Virus.
Verspätetes Greifen des « Large Scale Testing » (LST), mangelnde Kapazitäten bei der Kontaktverfolgung und eine fehlende Gesamtstrategie – die Probleme waren vielfältig. Die Warnung der Behörden kam allerdings zu spät: Bereits Mitte des Monats hatten sich die Infektionen in die älteren Bevölkerungsgruppen verbreitet.
Damals machte man sich allerdings noch Sorgen, dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen auf über 300 steigen könnte. Heute würde sich die Regierung das damalige Horrorszenario wohl fast schon herbeiwünschen.
Die gefährlichen Fake-Masken
Zum teils chaotischen Vorgehen in der Bewältigung der Pandemie passt auch, dass nicht ausreichend auf die Qualität der Schutzausrüstung geachtet wurde. Im der exklusiven Recherche « Mangelhafte Masken aus allen Testzentren zurückgezogen » berichtete Laurent Schmit, dass das Personal der Large-Scale-Testing-Zentren gefälschte FFP2-Masken trug.
Im Rahmen einer internationalen Recherche recherchierte unser Reporter zu falschen Masken chinesischer Hersteller, die auch in Luxemburg im Umlauf waren. Unter der Leitung des « Organized Crime and Corruption Reporting Project » (OCCRP) fanden Dutzende Journalisten gemeinsam heraus, dass Produkte mit gefälschten Qualitätszertifikaten nach Europa exportiert wurden. Das war auch der Fall der Masken « Shen Huang », die in den Large-Scale-Testing-Zentren in Luxemburg zum Einsatz kamen.
Erst nachdem Reporter.lu die Verantwortlichen mit dem Ausmaß der Recherche konfrontierte, gab der Lieferant – eine Tochterfirma der « Hôpitaux Robert Schuman » – eine zusätzliche Überprüfung der Qualität in Auftrag. Das Resultat: Die Masken filterten weniger Partikel und Viren als angegeben und somit war das Personal einem deutlich erhöhten Gesundheitsrisiko ausgesetzt. Infolge der Publikation unserer Recherche wurden die besagten Masken ausgetauscht.
Doch auch im Handel und in Apotheken wurden mangelhafte Masken verkauft, wie Reporter.lu in mehreren Artikeln belegte. Selbst die Regierung hatte 270.000 vorgebliche FFP2-Masken gekauft.
Abseits von Masken und Corona-Wellen schrieb Véronique Poujol über einen Streit in der Luxemburger Karate-Szene und die Rolle, die der aus der SREL-Affäre bekannte Loris Mariotto darin spielte. Unser neues Redaktionsmitglied Janina Strötgen ging in ihrem ersten Beitrag für Reporter.lu am Beispiel Esch auf die Wohnungskrise ein. Beide Artikel gehören zu den meistgelesenen Texten, die im Juli auf Reporter.lu erschienen sind.
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