Ein neuer Investmentfonds entsteht. Eigentlich keine Neuigkeit in Luxemburg. Dieser machte dennoch auf sich aufmerksam, weil er primär in Unternehmen investieren soll, die im Weltall tätig sind. Luxemburgs Weltraumstrategie nimmt Form an – um « Space Mining » geht es dabei nur am Rande.
Die Rede ist von Satelliten gestütztem 5G, Raumfahrtsystemen für Sicherheit und Gefahrenabwehr und der optischen Fernmeldetechnik „ScyLight“. Was sich anhört wie Begriffe aus einem Science-Fiction-Roman ist Kernbestandteil der luxemburgischen und europäischen Weltraumpolitik. Der Staat hofft so, einen neuen Wirtschaftssektor aufzubauen – der Erfolg lässt aber noch auf sich warten.
Um die Branche zu unterstützen, investiert der Luxemburger Staat erst einmal ordentlich Geld. Astronomisch sind die Summen allerdings nicht: Luxemburg beteiligt sich mit 36 Millionen Euro am Investmentfonds „Orbital Ventures“, der kürzlich von der Regierung präsentiert wurde.
Risiko-Fonds in Höhe von 70 Millionen Euro
Dabei flossen 26 Millionen Euro direkt vom Staat und weitere zehn Millionen Euro über die „Société Nationale de Crédit et d’Investissement“ (SNCI). Die staatlichen Unternehmen Post und die Sparkasse sind auch beteiligt – wie viel sie investieren, ist nicht bekannt. Dazu kommen private Unternehmen wie BGL BNP Paribas und SES. Zurzeit besitzt der Investmentfonds ein Kapital von 70 Millionen Euro, langfristig soll er zwischen 100 und 150 Millionen Euro verwalten.
Der Fonds könnte neuen Schwung in jenen Sektor bringen, in dem der Staat bereits einige Steuergelder verbrannte. 2018 musste die SNCI ihre Beteiligung von 12 Millionen Euro am Unternehmen „Planetary Resources“ abschreiben. Die risikoreichen Investitionen sollen in Zukunft von einem US-Fondsmanager verwaltet werden. Dessen Name soll aber bis zum offiziellen Start des Fonds geheim bleiben, sagt Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP). Ziel ist es, in Start-ups im Weltraumsektor zu investieren und langfristig Rendite zu erzielen.
Etablierte Unternehmen sollen über einen zweiten Fonds unterstützt werden, so der Plan. Die Verhandlungen mit privaten Investoren seien bereits angelaufen. Der Fond soll „zwischen 200 und 500 Millionen Euro nach Luxemburg bringen“, erklärte Etienne Schneider am Donnerstag nach einer Sitzung des Wirtschaftsausschusses im Parlament.
Luxemburg schraubt ESA-Budget hoch
Um Unternehmen nach Luxemburg zu locken, setzt der Staat zusätzlich zu den Investmentfonds auf europäische und nationale Verträge. Die Finanzspritzen des Staates für die Europäische Weltraumagentur (ESA) fließen durch Kooperationsverträge größtenteils als Aufträge an in Luxemburg ansässige Unternehmen zurück. Über das nationale LuxIMPULSE-Programm wurden im Jahr 2018 zwölf weitere Verträge in einem Gesamtwert von 25 Millionen Euro abgeschlossen.
Die staatliche Unterstützung durch Kooperationsverträge und direkte Beihilfen war noch nie so hoch wie heute. 2008 stellte Luxemburg zum ersten Mal einen nationalen Aktionsplan vor. Damals lag der Gesamtbetrag für die nationalen Beihilfen an Unternehmen jährlich bei 800.000 Euro. Aus Luxemburg erhielt die ESA zwischen 2008 und 2014 insgesamt 60 Millionen Euro. Für die kommenden vier Jahre ist dagegen ein Budget von 130 Millionen Euro vorgesehen.
Es ist ein komplett neuer Sektor, in dem es schnell zu Veränderungen kommen kann. Dann muss man eine gewisse Flexibilität zeigen, um seine Strategie anzupassen. »Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP)
Der Wirtschaftsminister stellt erfreut fest: Von 2012 bis 2018 hat sich die Zahl an Unternehmen, die im Weltraumsektor aktiv sind, verdoppelt – von 16 auf 32. Im gleichen Zeitraum ist die Anzahl der Beschäftigten von 639 auf 840 gestiegen. Weit mehr als die Hälfte arbeitet bei der SES. Der Anteil des Sektors an der Wirtschaftsleistung blieb derweil konstant bei etwa 1,5 Prozent. Das deutet darauf hin, dass auch hier der Mammutanteil auf die SES zurückzuführen ist. Demnach ist trotz des steigenden Budgets der große Wurf noch ausgeblieben.
Telekommunikation bleibt Schwerpunkt
Die eigentliche Neuigkeit am Aktionsplan ist, dass zum größten Teil auf Altbewährtes gesetzt wird. Die Mehrheit der Mittel wird in den Ausbau von bestehenden Programmen fließen. Die Nutzung von Daten soll verbessert, die Sicherheit von Netzwerken gesteigert und die Schnelligkeit des Datenflusses erhöht werden.
In diesen Bereich gehören auch die bereits zitierten Projekte. Zum Beispiel sollen bei der nächsten Generation der telekommunikativen Technologie, den so genannte 5G, Satelliten eine verstärkte Rolle spielen. In Sachen Sicherheit und Verteidigung wird „EU GOVSATCOM“ auf Satelliten der „SES“ und den „LuxGovSat“ setzen. Die Kooperation soll ein sicheres Netzwerk für militärische und zivile Missionen herstellen. „ScyLight“ soll seinerseits erlauben, über Lasertechnik verschlüsselte Nachrichten an die Erde zurückzusenden.
Vorzeigeprojekt mit Startschwierigkeiten
Im Gegensatz dazu kommt der Ressourcenabbau auf Asteroiden im neuen Aktionsplan kaum noch vor. Als 2016 die letzte Änderung am Aktionsplan vorgenommen wurde, meinte Etienne Schneider noch: „Die Regierung wird weiterhin auf Forschung und Innovation in diesem Sektor setzen, dies insbesondere durch die Initiative SpaceResources.lu, die als Ziel die Erforschung und Nutzung von Ressourcen im Weltraum hat.“
Vom Gesamtbudget für die ESA soll ein Achtel in den Bereich der Erforschung des Alls gehen. Dem Vorzeigeprojekt des Vize-Premiers wird also nur eine geringe Rolle im europäischen Weltraumprogramm beigemessen. Doch selbst im nationalen Plan gibt es kaum Details zum „Space Mining“. Eins von insgesamt zwei unterstützten Projekten soll Solarpanels mit Ressourcen vom Mond (oder Sand von der Erde) entwickeln. Einzelheiten zum zweiten Projekt gibt es nicht.
Warten auf den großen Sprung
Selbst die Pressemitteilung des Ministeriums geht nur noch auf die Erforschung von Asteroiden ein, von Ressourcenabbau ist keine Rede mehr. Wie schnell sich die Gegebenheiten im Sektor ändern, weiß auch Etienne Schneider. Nach der Sitzung stellte er bereits fest: „Es ist ein komplett neuer Sektor, in dem es schnell zu Veränderungen kommen kann. Dann muss man eine gewisse Flexibilität zeigen, um seine Strategie anzupassen.“ Es scheint, als ob mit der Fehlinvestition in „Planetary Resources“, ebendies bereits passiert sei.
Dennoch gibt sich der Minister weiter optimistisch: „Wir haben alles in die Wege geleitet, um Unternehmen anzuziehen.“ In den nächsten Jahren wird sich also zeigen, ob Etienne Schneiders Plan aufging. Der Minister hat mit dem Aktionsplan jedenfalls für seinen Nachfolger bereits die Weichen gestellt.