Die Affäre SuperDrecksKëscht geht in die nächste Runde. Laut einem Gutachten des Parlaments soll der Vertrag zwischen dem Staat und der Firma Oeko-Service Luxembourg gegen das Gesetz und die Verfassung verstoßen. Politische Folgen sind damit unausweichlich.
Ein juristisches Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments stellt die Rechtmäßigkeit der « Aktioun SuperDrecksKëscht » in ihrer jetzigen Form komplett in Frage. Gegenstand des Gutachtens, das Anfang der Woche in der parlamentarischen Budgetkontrollkommission vorgestellt wurde, ist der Vertrag zwischen der Umweltverwaltung und dem Unternehmen Oeko-Service Luxembourg, das die SuperDrecksKëscht für den Staat ausführen soll.
Dieser Vertrag habe keine rechtliche Grundlage, heißt es in dem Gutachten, das Reporter.lu einsehen konnte. Verfasst wurde das Dokument von der erst im vergangenen Jahr geschaffenen « Cellule scientifique » der Abgeordnetenkammer. Demnach sei der Vertrag als « null und nichtig » anzusehen. Hintergrund der Analyse ist Artikel 99 der Verfassung. Dieser sieht vor, dass budgetäre Verpflichtungen, die sich über mehrere Haushaltsjahre erstrecken oder die mit einer wesentlichen finanziellen Last einhergehen, durch ein gesondertes Gesetz (« loi spéciale ») geregelt werden müssen.
Zur Erinnerung: Der derzeit gültige Vertrag wurde 2018 abgeschlossen und von Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) unterzeichnet. Vorgesehen sind eine Laufzeit von elf Jahren und ein Finanzierungsvolumen von rund 97 Millionen Euro. Bisher wurden davon bereits rund 40 Millionen Euro ausbezahlt. Anfang 2021 hatte Reporter.lu exklusiv über diverse Unregelmäßigkeiten bei der Ausführung der « Aktioun SuperDrecksKëscht » berichtet. Ein vom Umweltministerium in Auftrag gegebenes Audit hatte im vergangenen September mehrere Missstände bestätigt.
Kein eigenes Finanzierungsgesetz
Dass die Verfassung ein gesondertes Finanzierungsgesetz vorschreibt, ist dabei keine neue Erkenntnis. Praktische Anwendung findet der besagte Artikel des Grundgesetzes etwa bei den Militärausgaben. So war beispielsweise die Anschaffung des Militärflugzeugs A-400M über ein eigenes Finanzierungsgesetz geregelt. Die Lesart des wissenschaftlichen Dienstes des Parlaments wird dabei gestützt von einer unabhängigen rechtlichen Einordnung, die zu den gleichen Schlüssen kommt wie das Gutachten selbst.
Teil des Gutachtens der Cellule scientifique ist auch eine rechtliche Analyse der Umweltverwaltung. Darin betonen die Beamten von Carole Dieschbourg, dass der Vertrag mit « Oeko-Service Luxembourg » keines spezifischen Finanzierungsgesetzes bedürfe, da die « Aktion SuperDrecksKëscht » durch ein eigenes Gesetz aus dem Jahr 2005 bereits ausreichend geregelt sei.
Es ist eine Lesart, der das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes nun offen widerspricht. Zwar definiere das Gesetz ausreichend die Mission der « Aktion SuperDrecksKëscht », jedoch enthalte der Text keinerlei Details zur Finanzierung der Initiative und erfülle demnach nicht die Anforderungen an ein Finanzierungsgesetz.
Politische Folgen unausweichlich
Djuna Bernard, Co-Präsidentin von « Déi Gréng » und Vize-Präsidentin der Budgetkontrollkommission, betont das neue Moment, das durch das Gutachten eingeführt wird: « Die Einschätzung der Cellule Scientifique stellt einen Paradigmenwechsel im Rechtsverständnis dar, dem, glaube ich, auch alle Mitglieder der Budgetkontrollkommission folgen können. » Auf die Frage, was auf die Analyse nun folgen müsse, erklärt Djuna Bernard: « Ich kann nur für die Grünen sprechen, aber wir sind durchaus bereit, einen neuen gesetzlichen Rahmen für die SuperDrecksKëscht mitzutragen. »
Kontrovers diskutiert wurde im Parlament allerdings die Weigerung der Mehrheitsparteien, das besagte Gutachten der Öffentlichkeit sofort zugänglich zu machen. Djuna Bernard spricht sich im Gespräch mit Reporter.lu zwar für eine solche Veröffentlichung aus. Aber erst, wenn die zuständige Umweltministerin Carole Dieschbourg, also ihre Parteikollegin, die Chance bekommen habe, das Gutachten in ihrem Ministerium eingehend zu analysieren.
Die Umweltministerin soll demnach am kommenden Montag in einer gemeinsamen Sitzung der Umwelt- und der Budgetkontrollkommission zu dem Gutachten Stellung beziehen. Wie es aus parlamentarischen Kreisen heißt, sind politische Folgen für die Funktionsweise der SuperDrecksKëscht unausweichlich.
Fraglich ist nur, wie weit diese Konsequenzen gehen sollen. So dürften die Koalitionsparteien eine Präferenz für eine nachträgliche Regulierung des Vertrags durch ein Finanzierungsgesetz haben. Eine andere Möglichkeit wäre jedoch, den Vertrag aufzulösen und ihn auf Basis einer neuen gesetzlichen Grundlage neu zu verhandeln. In diesem Fall dürften bei den parlamentarischen Arbeiten zu einem neuen Gesetz auch weitere, zum Teil ungeklärte Missstände des « System SuperDrecksKëscht » thematisiert werden.


