Die Recherche von Reporter.lu über das « System SuperDrecksKëscht » hat nicht zuletzt in Luxemburgs Abfallbranche für viele Diskussionen gesorgt. Die staatlich geförderte Dominanz der SuperDrecksKëscht sorgt für Unmut und lässt sich zudem an konkreten Beispielen belegen.

Von Bauabfällen über Problemstoffe bis hin zu Recyclingzentren: Die « Aktioun SuperDrecksKëscht » ist in der Abfallwirtschaft allgegenwärtig. Mehr noch: Laut Branchenvertretern nutzt Oeko-Service Luxemburg (OSL), die Firma hinter der SuperDrecksKëscht (SDK), ihre durch den Staat geförderte Marktposition immer wieder aus, um selbst neue Geschäftsfelder zu erschließen. Und das geschehe mit teils fragwürdigen Methoden, so die Konkurrenz der SDK.

Zu dieser Konkurrenz gehört etwa der Entsorgungsspezialist « Hein ». Tobias Wilhelm, Betriebsleiter des Unternehmens und Vize-Präsident des Branchenverbands der Abfallunternehmen « Fédération luxembourgeoise des entreprises d’assainissement » (FLEA), wird im Interview mit Reporter.lu deutlich: « Die Position der FLEA ist seit Jahren unverändert. Die Aktioun Superdreckskëscht, wie sie von OSL ausgeführt wird, entspricht einer Marktverzerrung, ohne dass die anderen Akteure mit einbezogen werden. »

Besonders das SDK-Gesetz aus dem Jahr 2005 stößt dabei in der Branche auf Unverständnis. Artikel 2 dieses Gesetzes schließt Konkurrenzunternehmen von der Vergabeprozedur explizit aus, da Abfalltransporteure nicht am Verfahren teilnehmen dürfen. Es ist der Ausgangspunkt für alle weiteren Kritikpunkte, die man aus der Branche am « System SuperDrecksKëscht » vernehmen kann.

Ein 20-Jahre alter Brief als « Beweis »

Das Umweltministerium verweist in diesem Zusammenhang gerne auf einen Brief der FLEA an das Wirtschaftsministerium aus dem Jahr 2001. Auch in der ganz rezenten Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der CSV-Abgeordneten Léon Gloden und Paul Galles führt das Ministerium den 20 Jahre alten Brief als « Beweis » dafür an, dass der Ausschluss von Abfalltransporteuren bei der Ausschreibung auf eine Forderung der FLEA, also den Transporteuren selbst, zurückgehe.

Tobias Wilhelm wollte sich nicht explizit zu dem Brief äußern, da dieser schon knapp zwei Jahrzehnte zurückliegt und er damals noch nicht in dem Verband aktiv war. Der Brief lässt jedoch noch eine andere Lesart zu, als jene des Umweltministeriums. Nämlich, dass jene Firma, die die Aktioun SuperDrecksKëscht damals bereits seit fast zehn Jahren für den Staat ausführte, Oeko-Service Luxemburg, nicht auch noch als Abfalltransporteur tätig werden sollte.

Ein weiterer Kritikpunkt von Tobias Wilhelm am Status quo ist, dass die Ausschreibung und das Lastenheft sehr schwammig formuliert seien, was beispielsweise die Abfallsammlung betreffe. « Bei Betrieben soll die Aktioun Superdreckskëscht eigentlich nur die Beratung durchführen. Aber die Ausschreibung sieht vor, dass sie auch kleine Mengen einsammeln, wobei nicht definiert ist, was eine kleine Menge ist », erklärt der Vize-Präsident der FLEA. Laut dem Umweltministerium beläuft sich die Abfallmenge, die die SDK im Jahr bei Unternehmen einsammelt, auf rund 2.000 Tonnen.

Offene Fragen zur « Gouvernance »

Auch der Direktor des Verpackungsentsorgungsverbands Valorlux, Claude Turping, fordert Aufklärung in der Affäre SDK: « Ich schließe mich der Forderung nach einem breit angelegten Audit der Aktioun Superdreckskëscht an. » Die SDK sei zwar eine Erfolgsgeschichte, doch die « Gouvernance » der Initiative werfe grundlegende Fragen auf, die klarer Antworten bedürfen, so Claude Turping im Gespräch mit Reporter.lu.

Mit dem Vorwurf der Monopolstellung konfrontiert, wiegeln jedoch sowohl das Umweltministerium als auch die Umweltverwaltung weiter ab. Von Reporter.lu Anfang Februar zur Marktposition der SuperDrecksKëscht befragt, betonte Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng): « Es gibt nachweislich eine ganze Reihe von Akteuren, die in der Abfallwirtschaft aktiv sind. Schon deshalb kann man nicht von einer Monopolstellung von Oeko-Service Luxemburg sprechen. »

Fallbeispiel Abfallschleusen

Einer dieser Akteure ist die Firma « E-Trash » aus Kehlen. Das Unternehmen hat vor Jahren eine eigene Abfallschleuse auf den Luxemburger Markt gebracht. Ihre Geschichte zeigt, wie offensiv sich die Firma Oeko-Service Luxemburg unter dem Label der « Aktioun SuperDrecksKëscht » in das Marktgeschehen einmischt.

Abfallschleusen kann man sich wie Türsteher bei Mülltonnen vorstellen. Das Prinzip: Über einer oder mehreren grauen Restmülltonnen wird eine Art Metallgestell installiert. Der Zugang zur Mülltonne funktioniert über eine Wurföffnung, die sich nur öffnet, nachdem der Nutzer sich mit einem Chip identifiziert hat. Da die Öffnung nur ein Volumen von rund 20 Litern hat, ist die Einwurfmenge begrenzt und kann durch den Chip einer Person zugeordnet werden.

Die Aktioun Superdreckskëscht, wie sie von OSL ausgeführt wird, entspricht einer Marktverzerrung, ohne dass die anderen Akteure mit einbezogen werden. »Tobias Wilhelm, FLEA

Besonders in Mehrfamilienhäusern ist die Lösung interessant. Denn durch sie kann der Restmüll einer Person oder einem Haushalt zugeordnet und entsprechend verrechnet werden. Die Idee: Die Bewohner werden dadurch angeregt, ihren Abfall zu sortieren und ihren Restmüll möglichst zu verringern. Im besten Fall sparen sowohl Hausverwalter als auch Mieter Kosten, da durch die potenziell geringere Menge an Restmüll, graue Tonnen eingespart werden können.

Genau solch eine Schleuse hat die Firma E-Trash bereits 2016 zur Marktreife gebracht. Eigentlich eine wahre Erfolgsgeschichte « Made in Luxembourg », samt Firmenvisite durch Umweltministerin Carole Dieschbourg. Bis die Aktioun SuperDrecksKëscht und Hans-Peter Walter sich für die Schleuse interessierten.

Eine angedeutete Kooperation

Der Unternehmer Patrick Marth von « E-Trash » erinnert sich: « Die Aktioun Superdreckskëscht hat uns eine Kooperation vorgeschlagen. Wir hatten eigentlich gedacht, sie würden uns helfen, unsere Idee zu verbreiten, und eine Beraterrolle einnehmen. Deshalb waren wir im regen Austausch, hatten auch zwei Termine in Colmar-Berg mit Herrn Walter. »

Wenig später erfahren die Unternehmer jedoch, dass Oeko-Service Luxemburg unter dem Label SDK eine eigene Abfallschleuse auf den Markt gebracht hat. Und bei genauerer Betrachtung dieser Schleuse stellen die Gründer einige Auffälligkeiten fest. « Die Elektronik war die gleiche wie bei unserer Schleuse. Auch die Aufkleber waren fast identisch. Sogar die Öffnungszeit der Schleuse von drei Sekunden war dieselbe », sagt Projektmanager Marc Gierenz. Geschäftsführer Patrick Marth wird deutlicher: « Sie haben sich sehr stark an unserem Produkt orientiert. »

Thomas Hoffmann, Unternehmenssprecher von Oeko-Service Luxemburg hat auf Nachfrage von Reporter.lu eine andere Lesart: « Abfallschleusen sind ein wichtiges Instrument, um das Verursacherprinzip auch in Mehrfamilienhäusern sicherzustellen. Deshalb hat die Aktioun Superdreckskëscht eine Abfallschleuse entwickelt, die kostengünstig in Mehrfamilienhäusern installiert werden kann. Sie werden von der SDK produziert und geliefert. »

« In der Zwischenzeit » seien aber auch andere Anbieter von Müllschleusen auf dem Markt, über die die SDK Hausverwaltungen im Rahmen einer Beratung auch informieren würde, so Thomas Hoffmann weiter. Bei E-trash widerspricht man dieser Chronologie vehement. Bereits 2016 sei man auf dem Markt präsent gewesen und die Abfallschleusen der Aktioun SuperDrecksKëscht seien erst 2019 vorgestellt worden.

Niedrige Preise, entgangene Aufträge

Wie « kostengünstig » die Schleusen der SDK dabei sind, weiß inzwischen auch Patrick Marth: « Die Aktioun Superdreckskëscht hat ihre Schleusen niedriger bepreist als unsere Lösung. » Was den Unternehmer an der Vorgehensweise besonders stört, ist dass die Aktioun SuperDrecksKëscht mit Steuergeldern unterstützt wird und Konkurrenten dadurch leicht unterbieten kann. Für Patrick Marth ein klarer Fall von Wettbewerbsverzerrung.

Die Situation hat Folgen für die Geschäfte von E-Trash. So hatte die Firma eigentlich zwei große Aufträge von Gemeinden in Aussicht. Die Formalitäten waren bereits geklärt, bis es irgendwann hieß, die SuperDrecksKëscht würde die Abfallschleusen jetzt installieren.

Sollte es konkrete und fundierte Hinweise geben, dass es Irregularitäten gibt, werden wir diesen natürlich nachgehen. »Carole Dieschbourg, Umweltministerin

Abfallschleusen sind dabei nicht die einzige Dienstleistung, die die « Aktioun SuperDrecksKëscht » in Mehrfamilienhäusern anbietet. Die Berater der SDK bieten Hausverwaltungen eine kostenlose Beratung an und klären über mögliche Abfallkonzepte und -lösungen auf. Diese Beratung sei neutral, wie der Pressesprecher der SDK betont, und würde alle Entsorgungsmöglichkeiten für Residenzen auflisten.

Ein Unternehmer, der sich auf die Abfallentsorgung in Residenzen spezialisiert hat, zeichnet ein anderes Bild. « Die Aktioun Superdreckskëscht bietet auch den Abtransport an. Zudem stellt SDK den Hausverwaltungen kostenlose Schlüsselkästen zur Verfügung, damit die Mitarbeiter Zugang zur Residenz haben. Da können wir nicht mithalten, weil wir das verrechnen müssten. »

Pressesprecher Thomas Hoffmann sagt dazu: « Die SDK holt nur Problemprodukte aus Mehrfamilienhäusern ab. Dieser Service ist kostenlos. » Interessierte Hausverwaltungen werden dabei über die verschiedenen Entsorgungsmöglichkeiten durch einen Flyer informiert. Dabei klar getrennt: Kostenlose und kostenpflichtige Lösungen. Was die Schlüsselkästen betrifft, unterstreicht Thomas Hoffmann, dass die SDK « diese Kisten lediglich zur Verfügung stellt, die Verwaltung liegt bei den Hausverwaltungen. »

Ein Brief an die Umweltministerin

Die REPORTER-Recherche zum « System SuperDrecksKëscht » zieht demnach weiter Kreise. Ein anderer Punkt, der bezüglich der Marktstellung der SDK noch Fragen aufwirft, ist die Verbindung zwischen der Firma Oeko-Service Luxemburg und « CCN S.A. ». In beiden Firmen ist Hans-Peter Walter laut Handelsregister als Anteilseigner angeführt. CCN hat bis vor kurzem Abfallabholungen in Residenzen angeboten und betreibt auch mehrere Recyclingzentren in Luxemburg.

Auf die Frage, ob die Dienstleistungen der Firma CCN mit einer unabhängigen Beratung durch die SDK vereinbar sind, wenn beide der gleichen Person gehören, antwortete die zuständige Ministerin: « Es gibt weder Anhaltspunkte von eventuellen vertraglichen Verletzungen oder Interessenkonflikten noch von einer Monopolstellung der OSL. Sollte es konkrete und fundierte Hinweise geben, dass es Irregularitäten gibt, werden wir diesen natürlich nachgehen. »

Erste Hinweise könnte nun die Firma E-trash selbst liefern. Die Unternehmer haben nämlich beschlossen, sich mit einem Brief persönlich an die Ministerin zu wenden.


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