Fast nirgendwo werden im Verhältnis zur Bevölkerung so viele Covid-19-Tests durchgeführt wie in Luxemburg. Die hiesigen Behörden haben sich vergleichsweise früh um ausreichende Kapazitäten bemüht. Der Vorrat soll nun um weitere bis zu 100.000 Tests vergrößert werden.

„Wir waren unter den Ersten, deren Test von der Weltgesundheitsorganisation genehmigt wurde“, sagt Dr. Trung Nguyen, Chefvirologe des Staatslaboratoriums (LNS). Das war Ende Januar – also nur wenige Tage, nachdem der erste Test weltweit für das neuartige Coronavirus genehmigt wurde.

Mittlerweile kommt das erste Probeverfahren allerdings nicht mehr zum Einsatz – wie andere einheimische Tests auch. Das Laboratorium hat den Vorsprung nicht genutzt, um den Test breit verfügbar zu machen. Die Rolle des LNS als Testzentrum ist seit Beginn der Coronavirus-Pandemie auf bereits ins Krankenhaus eingewiesene Patienten oder das Krankenhauspersonal beschränkt. Laut dem LNS macht das etwas weniger als zehn Prozent der Gesamtzahl der durchgeführten Tests aus.

Die Eigenherstellung des LNS ist demnach nicht der Grund, warum Luxemburg zu den Staaten der Welt gehört, die pro Kopf am meisten auf das neue Coronavirus testen. Doch die hohen Testkapazitäten des Landes haben zumindest indirekt mit dem Vorsprung aus dem Januar zu tun. Denn dieser ermöglichte es, die verschiedenen kommerziellen Testkits aus dem Ausland früh zu prüfen – und früher als andere Länder anzuschaffen.

Tausende Testkits aus Südkorea

Mitte Februar wurden die ersten Kits für den kommerziellen Verkauf in Europa freigegeben. Das LNS hat zügig fünf von diesen ersten Kits selbst bestellt. Sie stammten aus Italien, Deutschland, Spanien, Südkorea und China. „Wir hatten einen Vorsprung von einem bis zwei Monaten auf andere Laboratorien“, sagt Dr. Trung Nguyen. Diesen Vorsprung nutzte man aus, um die kommerziellen Kits auf ihre Tauglichkeit zu prüfen. Die Forscher stellten fest, dass der Aufwand bei verschiedenen Kits geringer ist, das Resultat aber vergleichbar gut bleibt.

Wesentliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Tests gab es demnach nicht – außer bei der Lieferzeit. Die Kits aus Südkorea und Deutschland konnten binnen einer Woche in großer Zahl geliefert werden. Sie machen den Großteil der rund 18.700 bereits durchgeführten Tests aus. Bei den anderen Prüfungskits mussten mehrere Wochen eingerechnet werden. Auch der Zeitpunkt der Bestellung fiel günstig aus, denn sie erfolgte vor dem großen Ausbruch in Italien.

Wir haben eine einfache Botschaft an alle Länder: Testen, testen, testen.“Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, Generaldirektor der WHO

Im Vergleich zu anderen Ländern konnte Luxemburg also die Kapazitäten früh aufstocken und nun auch erweitern. Nach Informationen von REPORTER will die Regierung die Vorräte nun um weitere rund 100.000 Tests erweitern. Die ersten 10.000 Tests sollen demnächst den verschiedenen Laboratorien zur Verfügung gestellt werden. Das Gesundheitsministerium wollte dies auf Nachfrage allerdings weder bestätigen noch formell dementieren.

Schwierigkeiten bei den Lieferungen

Die importierten Testkits alleine reichen allerdings nicht aus für die Analyse. Für die sogenannten PCR-Tests muss zuerst das Erbmaterial, die RNA, des Virus freigelegt werden. Beim Menschen wäre dies vergleichbar mit der DNA. „Das stellt zurzeit ein größeres Problem dar als die Tests“, erklärt Prof. Dr. Bernard Weber im Gespräch mit REPORTER. Auch hier gebe es Probleme mit den Lieferketten.

Trotzdem können die „Laboratoires Réunis“ mit ihren drei „Drive-In“-Standorten heute schon deutlich mehr als 1.000 Tests pro Tag durchführen. Die Covid-19 Tests entsprechen aktuell etwa 70 bis 80 Prozent der gesamten Aktivität der Laboratorien. „Es gibt aber noch Spielraum, um mehr Tests durchzuführen“, versichert Generaldirektor Bernard Weber.

Luxemburg will noch mehr Tests

Diesen Spielraum scheint das Ministerium nun auch ausnutzen zu wollen. Bereits Mitte März hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit den Worten „Test, test, test“ an die Staaten appelliert, breite Covid-19-Tests in die nationale Strategie aufzunehmen. Damals lautete die offizielle Strategie in Luxemburg noch anders. Wenige Wochen zuvor hatte die Regierung noch beschlossen, die Tests nur für Risikogruppen zugänglich zu machen.

Am 30. März wandte sich der Direktor der „Santé“ aber in einem Brief an die Ärztegemeinschaft. Darin spricht Jean-Claude Schmit die Empfehlung aus, nun auch Menschen zu testen, die nur geringe Symptome zeigen. Die Regierung trägt damit mit Verspätung der Auffassung der WHO Rechnung. Allerdings wurde die bis dahin geltende Einschränkung in der Praxis ohnehin kaum eingehalten. Ob die Anzahl der Tests jetzt noch steigen wird, muss sich also erst zeigen.

Luxemburg exportiert Test-Kits

Während der Staat auf Tests aus Südkorea setzt, verkauft die in Luxemburg ansässige Firma „Advanced Biological Laboratories“ (ABL SA) eigene Tests ins Ausland. Aus dem Gesundheitsministerium heißt es, dass diese nicht für diagnostische Zwecke benutzt werden könnten und man deshalb nicht darauf zurückgegriffen habe.

Tatsächlich sind laut einem Informationsblatt des Unternehmens die Tests auf wissenschaftliche Zwecke begrenzt. Dennoch sei die Nachfrage zurzeit sehr groß, sagt der Geschäftsführer Chalom Sayada auf Nachfrage von REPORTER. „ABL SA“ hat etwa kürzlich eine Lieferung nach Südafrika geschickt.

Bereits ein Vorsprung von einer Woche, kann in diesem Bereich einen großen Unterschied machen“Dr. Trung Nguyen, Chefvirologe des LNS

Auch „Fast Track Diagnostics“, ein Tochterunternehmen der „Siemens Healthineers AG“ mit Sitz in Esch/Alzette, ist es nun gelungen, massentaugliche Coronavirus-Tests zu entwickeln, wie der Mutterkonzern am Donnerstag verkündete. Beide Firmen arbeiten nun daran, eine Zulassung für die kommerzielle Nutzung in den USA und in Europa zu erhalten.

Während die Labore im Land also vergleichsweise früh an waren mit ihren Testverfahren, ist Luxemburg bei der breiten Herstellung der Tests eher langsam unterwegs. „Bereits ein Vorsprung von einer Woche, kann in diesem Bereich einen großen Unterschied machen“ sagt Dr. Trung Nguyen vom LNS. Allerdings ist Luxemburg eben längst nicht mehr auf selbst hergestellte Testkits angewiesen. Sollten die bestellten Tests aus dem Ausland wie geplant ankommen, müsste der Vorrat für die weitere konsequente Ausbreitung der Diagnostik vorerst reichen.